[ Mercedes VITO, V-Klasse und Viano Forum ]


Daimler versucht Streikende zu erpressen

Geschrieben von VVV am 22. Mai 2004 23:08:27:

Daimler versucht Streikende zu erpressen
von Ralf Streck - 05.08.2003 20:07

Wegen der Arbeitskämpfe bei der DaimlerChrysler-Tochter in der baskischen Stadt Gasteiz (spanisch Vitoria) setzt der Konzern auf Erpressung. Zunächst drohte die spanische Tochter des multinationalen Unternehmens aus Stuttgart den Arbeitern damit, wegen der Streiks die Produktion nach Ostdeutschland zu verlegen. Jetzt hat die Firma nachgelegt und will die Zeitarbeitsverträge von 600 Mitarbeitern nach der Sommerpause nicht verlängern.
Auch wenn die Streiks im DaimlerChrysler Werk in der baskischen Stadt über den Sommer ruhen, ist das Ende der Arbeitskämpfe um einen neuen Tarifvertrag für die 4300 Beschäftigten noch nicht in Sicht. Während der Betriebsrat den Kampf zu einer ?Reflektionsphase? bis nach den Werksferien Anfang September ausgesetzt hat, dreht der Konzern weiter an der Eskalationsschraube.

Nach dem Muster in Deutschland versucht der Weltkonzern die baskische Regionalregierung für sich einzusetzen. In einen Brief an sie hat Daimler gedroht, die Produktion des neuen Transporters, der den Vito ersetzen wird, könne teilweise ins Werk Ludwigsfelde nach Berlin verlagert werden. Um der Drohung den nötigen Nachdruck zu verleihen, ließ die Firma nun verlauten, die Zeitarbeitsverträge von 600 Mitarbeitern würden nicht verlängert. Sie laufen mit dem Beginn der Werksferien am 22. dieses Monats ab.

Gemäß Rolf Bartke, Leiter des Geschäftsbereichs Mercedes-Benz Transporter, hätten die Streiks, den Beginn der Kommerzialisierung des Viano im September, ?in Gefahr gebracht?. Zudem sei dem Bild von Daimler ?ein großer Schaden? zugefügt worden, schreibt Bartke. Er lasse untersuchen, ob ein Teil der Produktion nach Deutschland verlagert werden könne. Vor allem die Endmontage der Wagen die für den deutschen Markt bestimmt sind, seien betroffen. Die machten etwa 50 Prozent der Produktion in Gasteiz aus.

Fünf Wochen hatte eine erdrückende Mehrheit der Belegschaft in dem Werk jeweils Freitags mit ganztägigen Streiks für Verbesserungen der Arbeitsbedingungen gekämpft. Vor allem geht es dem Betriebsrat und den Arbeitern darum, mehr Beschäftigung in dem Werk zu schaffen. Dem entgegen will Daimler faktisch einen Arbeitstag mit neun Stunden durchsetzen, die Flexibilisierung der Arbeitszeit und die Samstagsarbeit vorantreiben. Dagegen fordern die Arbeiter eine Reduzierung der Arbeitszeit nach Vorbildern wie VW oder Renault in Spanien. Zudem fordern sie eine Lohnerhöhung, welche die hohe Inflationsrate im spanischen Staat zumindest ausgleicht. Die lag in den letzten Jahren bei etwa vier Prozent.

Da sich der spanische Staat durch die höchste Arbeitslosigkeit im EU-Vergleich auszeichnet, ist die Haltung der baskischen Daimler-Belegschaft nur zu gut zu verstehen. Die Haltung des Konzerns, der sich für die Produktion des neuen Transporters mit etwa 30 Millionen Euro bezuschussen ließ, jedoch nicht. Fünf Prozent der Investitionssumme wurden seit 1999 von der baskischen Regionalregierung an Daimler gezahlt und von der EU-Kommission genehmigt. Versüßt wurde die Erweiterungsinvestition in der Provinz Araba noch mit Steuervergünstigungen. Vor vier Jahren hatte der Konzern die Verlagerung der Produktion nach Polen ins Gespräch gebracht, um die Fördergelder loszueisen.

Während die spanische Gewerkschaft Arbeiterunion (UGT) angesichts der Drohungen beginnt einzuknicken und nun von weiteren Kampfmaßnahmen abrät, geben sich die baskischen Gewerkschaften gelassen. Sowohl die große Gewerkschaft ELA als auch die kleineren baskischen Gewerkschaften glauben nicht an eine Verlagerung der Produktion nach Ludwigsfelde. Es handele sich lediglich um Drohgebärden, um die Kampffront zu schwächen, ließen deren Vertreter vernehmen. Auch sei es üblich die Verträge erst nach der Sommerpause neu zu verhandeln. Anfang September werde die Belegschaft über neue Kampfhandlungen beraten, wenn bis dahin kein Ergebnis erzielt worden ist.

Dass die Streiks dafür verantwortlich seien, dass bisher noch nicht die notwendige Zahl von 5000 Wagen des neuen Typs gebaut worden sind, wiesen die Gewerkschaften ins Reich der Phantasie zurück. Den Produktionsausfall bezifferte die Gewerkschaft LAB auf etwa 100 Wagen pro Streiktag. Bisher seien aber nur 3000 Wagen fertig gestellt worden, ohne die Streiks wären es also gerade einmal 3500.

Große Hoffnungen auf eine Verlagerung dürfen sich die Ludwigsfelder nicht machen. Analysten gehen davon aus, dass die Verlagerung der Produktion, ausgerechnet nach Deutschland, für den Konzern nicht lukrativ ist. Es wäre eine politische Entscheidung, welche die Produktionskosten für den neuen Wagen bis zu 30 Prozent verteuern könnten. Langfristig würde sich dies nur lohnen, wenn sich die Belegschaft in Ludwigsfelde besser erpressen ließen, als die Basken.

© Ralf Streck, Donostia-San Sebastian 05.08.2003

http://de.indymedia.org/2003/08/58860.shtml





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