Hätte der ältere Herr sich entschuldigt, dass er den Vorfall nicht mitbekommen hätte, dann hätte ich vermutlich auf eine Anzeige verzichtet. Aber frech zuzugeben, dass er es gemerkt hätte, aber sich dann trotzdem entfernt hat, das ist ja quasi Betteln um eine Anzeige. Ich hätte ihn also auf jeden Fall auch angezeigt.
Aber Du hast mächtig Schwein gehabt, dass Du des Schädigers habhaft werden konntest. Anders als ich zu Anfang diesen Jahres, als ich einen ähnlichen Vorfall zu beklagen hatte. Ein Familienmitglied hatte den Opel Astra G aus unserem familiären Fuhrpark in einer Wohnstraße geparkt, um bei der Rückkehr festzustellen, dass in der Abwesenheit das Fahrzeug gerammt worden war. Der vordere Stoßfänger war zersplittert, mit Farbspuren vom Verursacher darauf, der Schaden betrug laut Auskunft einer Werkstatt rund 1 TEUR. Ein vermutlich alltäglicher Vorfall und auch angesichts des Alters des Fahrzeugs (EZ 03.2002, seinerzeit 207 tkm) nun nicht soooo schlimm, aber dennoch ärgerlich und auch bei einer Eigenreparatur mit einigen Hundert Euro verbunden. Also wurde der Vorfall bei der Polizei angezeigt, erwartungsgemäß verbunden mit dem Hinweis, dass wir uns keine großen Hoffnungen machen sollten, dass man den Täter ausfindig machen könnte, auch wenn man sich dort am Folgetag mal umschauen wollte. Einige Tage später habe ich mich daher auch selbst im Großraum des Tatortes umgeschaut und tatsächlich das Fahrzeug eines Anwohners als potentiellen Verursacher ausgemacht und darüber die Polizei informiert.
Wenige Tage später wurden beide Fahrzeuge von der Polizei einbestellt. Ein Beamter, augenscheinlich sehr erfahren und angabegemäß seit über 35 Jahren mit derartigen Themen vertraut, vermaß mit einer Messlatte die Schäden an beiden Fahrzeugen, schätzte sie als zusammenpassend ein, fotografierte ausgiebig und nahm Lackproben ab. Der mutmaßliche Unfallgegner wies dann allerdings Unterlagen vor, nach denen das Fahrzeug an der entsprechenden Stelle schon seit dem vergangenen Jahr beschädigt gewesen sei (seinerzeitige Fotos mit Zeitstempel, seinerzeitige Anzeige bei Polizei), ergo der Schaden an unserem Fahrzeug nichts mit dem Schaden am Fahrzeug des mutmaßlichen Unfallgegners zu tun haben würde. Auf meinen Hinweis hin, dass mit dem vorbeschädigten Fahrzeug dennoch ein Schaden an unserem Opel verursacht worden sein könnte, erwiderte der Beamte, dass man die aktuellen und die seinerzeitigen Fotos einem Gutachter zur Einschätzung vorlegen würde, aber dass letztendlich nur eine Auswertung der Lackproben eindeutig klären könnte, ob die beiden Schäden zusammenhingen. Ob eine solche Auswertung der Lackproben jedoch gemacht werden würde, läge in der Entscheidungsgewalt des Staatsanwaltes, der vermutlich die Kosten der Auswertung von angeblich rund 3 TEUR ins Verhältnis zum entstandenen Schaden setzen würde. Ich interpretiere dies dahingehend, dass eine Auswertung der Lackproben voraussichtlich nicht erfolgen wird.
Meine Rechtsschutzversicherung informiert auf Nachfrage, dass sie die Kosten zur Durchsetzung meiner Ansprüche tragen würde, sofern der Verursacher identifiziert worden ist. Sie würden aber keine Kosten, die sich aus einer aktiven Verfolgung des Verursachers ergeben würden, decken, dazu zählten sie auch die Kosten für eine eigene Auswertung der Lackprobe. Schade.
Das Schadensbild, das Auftreten bzw das Verhalten des mutmaßlichen Verursachers und mein Bauch sagten mir, dass ich mit meiner Anschuldigung richtig lag. Mein Bauch sagt mir aber auch, dass mir das voraussichtlich nix nützen würde. Tatsächlich erhielt ich ein paar Wochen später die Nachricht, dass sich der Staatsanwalt gegen die Auswertung der Lackprobe entschieden hätte.